Nutzungsverhalten im öffentlichen Raum

| Jonas Bubenhofer |

Die Nutzung des öffentlichen Raums durch die Menschen sagt viel über den Raum aus: Die Struktur der Nutzenden (Geschlecht, Alter), die Tätigkeiten und das Kommunikations- bzw. das soziale Verhalten im Raum sind Indikatoren für die Qualität, die Funktion und die Bedeutung des öffentlichen Raums.

Aussagen zur Qualität und Funktion öffentlicher Räume werden heute meist entweder aus einer subjektiven Wahrnehmung heraus oder aufgrund städtebaulicher Überlegungen gemacht. Diese Aussagen sind selten bis nie empirisch hergeleitet. Es fehlt offensichtlich an einer Objektivierung im Diskurs über „urbane Qualität“ und die Nutzung öffentlicher Räume. Doch wie lässt sich Aufenthaltsqualität objektiv messen? Wie lassen sich die Effekte der Gestaltung des öffentlichen Raums erfassen?

Objektivierung durch systematische Beobachtung

Der Fokus muss auf der Nutzung und den sozialen Interaktionen liegen. Das Nutzungsverhalten des öffentlichen Raums muss also empirisch/systematisch erhoben werden. Die systematische Beobachtung des Nutzungs- und Aufenthaltsverhaltens der Personen im öffentlichen Raum schafft objektive Grundlagen für Bestandes- und Wirkungsanalysen.

Als Methodik eignet sich zum Beispiel die Burano-Methode, die mit angemessenem Aufwand gute Resultate liefert. Mit dieser Methode wird erfasst, wer sich wann wo aufhält und welche Tätigkeiten die Personen dabei ausüben. Dazu werden an verschiedenen Wochentagen in festgelegtem Rhythmus die momentan anwesenden Personen nach einem standardisierten Codierschema zu den wichtigsten Merkmalen der Personen erfasst.

Kategorisierung öffentlicher Räume

Die systematische Beobachtung des Nutzungsverhaltens öffentlicher Räume erlaubt die Charakterisierung und Kategorisierung dieser Räume. Zentrale Dimensionen für eine solche Charakterisierung sind einerseits das Spektrum der Tätigkeiten, die die Personen im öffentlichen Raum ausüben, und andererseits die Nutzungsintensität des Raums.

Mit diesen zwei Dimensionen ergeben sich vier grobe Ausprägungen:

  • Zentrumsräume: hohe Nutzungsintensität, breites Tätigkeitsspektrum
  • Quartierräume: tiefe Nutzungsintensität, breites Tätigkeitsspektrum
  • hoch funktionale (Verkehrs-)Räume: hohe Nutzungsintensität, enges Tätigkeitsspektrum
  • stille Orte: tiefe Nutzungsintensität, enges Tätigkeitsspektrum (tendenziell Problemräume / Angsträume)

Folgende Abbildung zeigt für verschiedene öffentliche Räume in der Stadt Zürich die Kategorisierung anhand dieser zwei Dimensionen.

Typologisierung_oeR

Die Kenntnis über das Nutzungsverhalten der öffentlichen Räume schafft Verständnis für die Funktion und Bedeutung dieser Räume im Stadtgefüge und ermöglicht objektive, empirisch untermauerte Grundlagen für die Planung.

Beispiel einer Wirkungsanalyse mit Erhebung des Nutzungsverhaltens (Schmiede Wiedikon)